Wasserstoff - Beitrag zur Energiewende

Am 03. Juni 2024 stand das Thema Wasserstoff (H2) zur Debatte. Bei einer Umfrage hatten sich einige Zuhörer von früheren Veranstaltungen dieses Thema gewünscht. Viele Mitbürger erhoffen sich vom Wasserstoff die Ablösung von Erdgas. Andere warnen davor sich Illusionen hinzugeben, weil H2 sehr teuer sein wird und nicht in ausreichenden Mengen vorhanden sei.

Prof. Matthias Klingele von der Hochschule Kempten Informierte uns über ‘Dekarbonisierungspotentiale durch Wasserstofftechnologien’ (Download der Vortragsfolien). Er forscht an der HAW Kempten an einem zentralen Baustein der Wasserstoffherstellung, den Membran-Elektroden-Einheiten. Das sind die Folien, die bei der Elektrolyse Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2) trennen, wenn Strom angelegt wird (grüner Wasserstoff).

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Wie lassen sich gut funktionierende und wenig umweltschädliche Materialien einsetzen?

Mit seinem Vortrag wollte er ‘das-große-Ganze’ ansprechen, welchen Beitrag Wasserstoff zur Energiewende leisten kann.

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Erneuerbare Energie (Sonne, Wind, Wasser) erzeugt Strom, der grünes H2 herstellt
Transport über Pipelines bzw. per Schiff (Import)

Es sind gewaltige Mengen H2, die für die Energiewende gebraucht werden. Nicht nur Strom, Wärme und Mobilität brauchen Wasserstoff, sondern auch Prozesse der Chemie- und Metallindustrie.

Herstellung von Wasserstoff

Elektrolyse

In einem chemischen Medium (Wasser mit Säure oder Lauge) befinden sich Stromkontakte (Anode und Kathode). Wenn eine Spannung über Stromzufuhr angelegt wird, sammelt sich Wasserstoff an der Anode und Sauerstoff an der Kathode.

Es gibt mehrere Methoden der Elektrolyse, mit diversen Vor- und Nachteilen. Forschung und Entwicklung, an der auch der Referent beteiligt ist, werden sicher noch technischen Fortschritt bringen.

Die seit Jahrzehnten erprobte alkalische Elektrolyse (Kali-Lauge statt Säure im Medium) ist ausgereift und verwendet keine kritischen Stoffe. Ihr Nachteil: Sie braucht eine regelmäßige Stromzufuhr und eignet sich nicht bei Teillastbetrieb, etwa wenn sich die Sonne hinter einer Wolke versteckt.

Die PEM-Elektrolyse (Proton Exchange Membrane) ist ebenfalls ausgereift, eignet sich für den Teillastbetrieb. Sie ist aber teuer, weil u.a. Iridium als Katalysator gebraucht wird.

Die AEM-Elektrolyse (Anion Exchange Membrane) ist ein neuer Ansatz, der keine kritischen Materialien braucht und für Teillastbetrieb geeignet ist. Diese Entwicklung ist aber noch nicht voll ausgereift. Der Referent zeigte Bilder einer Entwicklung, die kleine Module für die Elektrolyse verwendet. Viele kleine Module können zu einer größeren Anlage zusammengesetzt werden.

H2-Herstellung aus Kohlenwasserstoffen

Grundsätzlich ist auf der Erde genügend Wasserstoff vorhanden, nicht nur im Wasser, sondern auch in chemischen Verbindungen, aus denen H2 gewonnen werden kann. Insbesondere eignet sich Erdgas (CH4) dafür. H2 wird mittels Dampfreformierung herausgelöst. Übrig bleibt CO2, das dann in Erdkavernen endgelagert wird.
Eine andere Methode, die aber noch in Entwicklung ist, erzeugt ‘türkisen Wasserstoff’. Dabei wird Methan direkt aufgespalten in Kohle (C) und Wasserstoff (H2).

Wasserstoff-Anwendungen

Mobilität

H2 wird in der Brennstoffzelle (umgekehrte Elektrolyse) zu Strom gemacht. Bei PKW ist dies nicht sinnvoll, weil Batteriebetrieb effizienter ist. Für LKW sieht das anders aus: Dort ist eine Brennstoffzelle (oder E-Fuel) wichtig damit die schweren Fahrzeuge eine größere Reichweite haben.

Den Wasserstoff direkt in Motoren zu verbrennen, ist nicht sinnvoll. E-Fuels, also Derivate von H2 braucht man bei Flugzeugen oder in der Schifffahrt, wobei nur ca. 25% der Primärenergie (Grünstrom) genutzt werden kann.

Gebäudewärme und Strom

Inwieweit Wasserstoff zur Wärmeerzeugung in Gebäuden genutzt werden kann, ist politisch umstritten. Aus technischer Sicht ist es möglich, Erdgas durch H2 zu ersetzen. Ob sich diese Lösung oder eine Lösung mit Wärmepumpen durchsetzen wird, ist offen. Die Energieeffizienz ist etwa gleich, jedoch wird von den Kosten her die Wärmepumpe die Nase vorn haben.

Klingele wies auf eine interessante dezentrale Lösung in Isny hin, wo ein Einfamilienhaus H2 mit Photovoltaik erzeugt und für den Winter speichert.

Industrie

Was die Privatleute meist nicht ‘auf dem Schirm’ haben, ist der riesige H2-Bedarf der Industrie, in der Chemie- und Stahlindustrie, bei der Glas- und Zementherstellung und generell bei der Herstellung von Kohlenwasserstoffen für Plastik und Lösemittel.

Wasserstoff-Zukunft

Die zukünftige Rolle von Wasserstoff in der Energiewende ist abhängig von den Kosten und dem Hochlauf einer Wasserstoff-Wirtschaft. Grüner Wasserstoff kann in Deutschland bei weitem nicht in ausreichender Menge hergestellt werden. Es ist Aufgabe der Forschung in DE die Bedingungen dafür zu verbessern. H2 muss sicher auch aus anderen Weltgegenden importiert werden, z.B. aus Chile, Südafrika, Saudiarabien oder Australien.

Neben der Verfügbarkeit von grünem Strom und Wasser in den Ländern spielen auch die Transportkosten eine große Rolle.

Prof. Klingele verweist auch auf die Wasserstoffstrategie der Bundesregierung, die mehr Elektrolyse-Kapazität, Pipelines für Wasserstoff (H2-Kernnetz) sowie Forschung und Entwicklung vorsieht.

 

gez. U. Schaaf