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Das künfige Stromnetz ist dezentral und digital! Je mehr wetterabhängige Stromerzeuger einspeisen um so wichtiger werden IT-gestützte Steuerungsmechanismen, die das Stromnetz möglichst schon vor Ort stabilisieren. Beispiel vom 04.08.21 aus Wildpoldsried (Allgäu): Volatile Erzeugung von erneuerbarem Strom, aus Windkraft (schwarz), Photovoltaik (orange) und Biogas (grün). Insgesamt gab es dreimal soviel Strom, wie in Wildpoldsried selbst verbraucht wurde.

Der Wind wehte nachts, die Sonne lieferte mittags Strom. Ganz gleichmäßig lieferte die Biogasanlage (Grundlast).

Die Stabilisierung des Stromnetzes über alle Spannungsebenen hinweg ist eine anspruchsvolle Aufgabe, wenn immer mehr erneuerbare Energie produziert wird.

Der Gesetzgeber hat darauf reagiert mit einer Änderung des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes (NABEG) vom 25.02.2021. Es soll den Bau der großen Stromtrassen beschleunigen und enthält grundsätzliche Regelungen, wie unser Stromsystem künftig gesteuert werden soll, den Redispatch2.0.

Diese Regelung sieht vor, dass nicht nur wie bisher große Kraftwerke von den Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB) gesteuert werden, sondern dass auch kleine Stromerzeuger zur Stabilisierung der Stromnetze herangezogen werden. (Siehe Info-Sammlung hier.) Nur eine kleine Weiterentwicklung?

Nein! Eine Weichenstellung!

Redispatch2.0 gilt ab Oktober 2021 und wird die ‘Stromlandschaft’ wesentlich verändern. Ich habe mich bemüht, die einschlägigen Erlasse der Bundesnetzagentur (BNetzA) zu verstehen, z.B. den Beschluss zur Netzbetreiberkoordinierung Az. BK6-20-060 und das bdew-Papier Detailprozesse für die Netzbetreiberkoordination.

Diese Papiere scheinen mir konsistent sein: Da haben die Spezialisten der BNetzA die künftige Stromsteuerung insgesamt durchdacht und definiert.

Was ich - als Laie - leider nicht gefunden habe, ist eine Definition der Gesamtsteuerung. Wer stellt fest, dass ein Steuerungsbedarf vorliegt und bestimmt ob die Regelungsmaßnahme ein ‘Anforderungs-’ oder als ‘Duldungsfall’ ist? Die Papiere sprechen vom ‘anweisenden Netzbetreiber’, der eine Steuerung anfordert oder sie gleich selbst durchführt (Duldung).

Für mich als Befürworter einer regionalen Energiewende stellt sich die Frage:

  • Hat der Gesetzgeber jetzt ein zentralistisches Steuerungssystem festgelegt? Die anweisenden Netzbetreiber werden wie bisher die 4 ÜNB’s sein? Ein Freund der im c/sells-Projekt (zellulares Energiesystem) mitgearbeitet hat, sieht das so (Link).

  • Wird die Tragweite des Redispatch2.0 richtig eingeschätzt? Aus meiner Sicht ginge es vielmehr um den Paradigmen-Wechsel weg vom zentralen Energiesystem hin zu einem zellularen Ansatz, wie er in den SINTEG-Projekten erprobt wurde.

Und etwas anderes treibt mich um, jetzt als ehemaliger IT-Fachmann, der in einigen Energiemonitoring-Projekten mitgearbeitet hat: Strommessung und noch mehr Stromsteuerung hängt von vielen kleinen Detailproblemen ab. Diese zeigen sich erst bei der praktischen Erprobung.

  • Ist es sinnvoll, eine logische Gesamtdefinition als Erlass jetzt schon gesetzlich vorzuschreiben? Ich habe Hinweise von Netzbetreibern, die mit diesen Definitionen einfach nichts anfangen können.

  • Wäre es nicht besser, ausgehend von den c/sells-SINTEG-Projekten, Pilotprojekte an konkreten Schwerpunkten zu erproben, als 'Reallabore' die Praxisinformationen liefern?

Ich hoffe, dass ich jetzt als Kassandra NICHT recht behalte!

  • Ich befürchte, dass der Redispatch2.0-Prozess ein ähnliches Disaster wird wie der Smart-Meter-Prozess! Der hat die digitale Energiewende - mindestens - um 5 Jahre verzögert.

  • Aus meiner Sicht besteht wieder die Gefahr, dass die ehrgeizige Gesamtlogik der Bundesbehörden jahrelang im Gesetz verankert bleibt, dass die praktische Umsetzung nicht hinterher kommt und die schöne Gesamtlogik veraltet sein wird.

  • Wir werden so wahrscheinlich weitere Jahre bei der Digitalisierung der Energiewende verlieren!

gez. U. Schaaf

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