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Holz für Wärme und Biokohle

siehe auch Seiten: Exkursion Pyrolyse-Anlage Flaach (Juli 2023)

Biomasse wird künftig stark nachgefragt sein, zum Bauen mit Holz, für den Naturschutz im Wald, für die Landwirtschaft und auch zum Heizen: Stückholz, Pellets, Hackschnitzel.

Das Verbrennen von Holz wird kontrovers diskutiert: Holz ist für die einen eine erneuerbare Energie, die nur soviel CO2 erzeugt, wie sie der Luft entnommen hat, die anderen weisen darauf hin, dass beim Verbrennen von Holz mehr CO2 erzeugt wird als bei der Verbrennung von Erdgas. Die Energie-Arbeitskreise im Allgäuer Land interessieren sich daher für alternative Biomasse-Nutzungen und haben am 15. Juli 2023 eine Pyrolyse-Anlage in der Schweiz besucht. Sie nutzt Holz aus der Waldbewirtschaftung mehrfach: Die Pyrolyse entzieht dem Holz unter Luftabschluss Gas, das der Energiegewinnung dient, und erzeugt Pflanzen- oder Biokohle, die den Kohlenstoff bindet und bei richtiger Anwendung sogar weiteres CO2 im Boden speichert.

Reinhard Kleinhenz vom Klimaarbeitskreis in Roßhaupten hatte die Reise organisiert und den unten stehenden Bericht dazu geschrieben.

Ein technisch ausführliche Beschreibung mit den Vorteilen des Pyrolyse-Verfahrens wurde von Fritz Hindelang erstellt. Sie finden es unter Seiten “Exkursion Pyrolyse-Anlage Flaach (Juli 2023)

Bericht von Reinhard Kleinhenz

über die Excursion zu einer Pyrolyseanlage in der Schweiz am 15.7.2023

Auf eine Inititative von Uli Schaaf wurde uns die Gelegenheit vermittelt, an einem Samstag
das Pyrolysewerk der APD AG in Flaach (Schweiz) zu besichtigen. Die dreistündige Fahrt war schon
aufschlussreich und kurzweilig, weil uns mit Harald Ley ein Projektor, Anlagenplaner und
Anlagenbetreiber im Kleinbus mit dem notwendigen Grundlagenwissen der Pyrolysetechnik vertraut
gemacht hat. Da das Pyrolyseverfahren nicht jedem bekannt ist, möchte ich hier zunächst diese
Verfahrenstechnik erläutern.

Anstatt Holz zu verbrennen, wird in einem Pyrolyse-Prozess (Verkohlung, keine vollständige Verbrennung) unter Ausschluss von Sauerstoff biogenes Material der Land- und Forstwirtschaft (z.B. Waldrestholz, Hackschnitzel, prinzipiell nahezu alle organischen Stoffe) bei hohen Prozesstemperaturen von 700-800 oC karbonisiert. Bei diesen hohen Temperaturen zerfallen alle biogenen Bestandteile der zugeführten Biomasse und vergasen zu einem "Pyrolysegas".

Diese Pyrolysegase werden in einem nachfolgenden Prozess getrennt schadstofffrei verbrannt. Die aus dieser Verbrennung der Pyrolysegase gewonnene Wärmeenergie wird wiederum zur Erhitzung der nachfolgenden Holzhackschnitzel genutzt.

Der gesamte Prozess ist nicht nur autotherm, sondern erzeugt ein Übermaß an thermischer Energie, die sinnvollerweise zum Betreiben eines Wärmenetzes oder eines großen Wärmeabnehmers (z.B. Hallenbad, das auch im Sommer viel Energie benötigt) genutzt werden sollte/könnte. Durch die Abwesenheit von Sauerstoff verbrennt der im Holz vorhandene Kohlenstoff nicht, sondern
verbleibt in der erzeugten Biokohle (auch als Pflanzenkohle bezeichnet), deren Eigenschaften weitere
Verwendungsmöglichkeiten bietet, die unten noch dargestellt werden.

Durch den Betrieb der APD in Flaach wurden wir vom Initiator und Mitbegründer Toni Meier geführt, der den Werdegang der Firma ausführlich schilderte und uns seine Grundüberzeugung einer
Kreislaufwirtschaft erläuterte. So werden über die Pyrolyse nicht nur weniger Ressourcen
verbraucht, sondern der Atmosphäre auch CO2 entzogen und die regenerative Landwirtschaft kann durch den Einsatz von Pflanzenkohle in der Kompostierung eine langzeitstabile Verbesserung von Böden sowie den Humusaufbau erreichen. Wie ein ökologisches Phosphor-Recycling aus Klärschlamm möglich und auf seiner Agenda steht, war ein weiterer Punkt in Maier´s spannender Erzählung.

Die Wirtschaftlichkeit derartiger Anlagen lässt sich darstellen, wenn die Wärme konstant über das ganze Jahr benötigt wird und nicht nur zur Abdeckung der Spitzenlast in den kalten Wintertagen. Während beispielsweise eine Hackschnitzelheizung auch für wenige Tage in Betrieb genommen und wieder abgeschaltet werden kann, ist dies bei einer Pyrolyseanlage nicht zielführend.

Gleichzeitig muss neben der Wärmeenergie der Absatz des Zusatzprodukts „Pflanzenkohle“ organisiert werden. Dies sollte lt. Herrn Meier kein unüberwindliches Hindernis darstellen. Es muss nur mitgedacht und geplant werden. Die APD AG verkauft diese Ware in BigPacks und hat Vertriebspartner, die für die verschiedenen Anwendungsgebiete auch entsprechende Produkte zusammenstellen und in passenden Verpackungseinheiten vertreiben.

Die Verwendung von Pflanzenkohle ist altes Wissen. Schwarz-Erde bekannt als „Terra Preta“ wird weltweit für diverse Anwendungen genutzt. Eine besondere Eigenschaft der Biokohle ist die hohe Porosität die teilweise eine Oberfläche von über 300m2/g besitzt und somit ca. die 5-fache Menge ihres Eigengewichts an Wasser und den darin gelösten Nährstoffen aufnehmen kann.

Ein Einsatzgebiet ist die Zugabe von Pflanzenkohle im Substrat für Biogasanlagen, wodurch die Steigerung des Biogasertrages nachgewiesen werden konnte. Als Beimischung von Biokohle im Kompost wird die Aktivität der Mikroorganismen erhöht, der Abbau von organischen Materialien wird beschleunigt und somit die Wirkung als Kompostbeschleuniger erreicht und nach der Austragung ein stärkerer Humusaufbau bewirkt. Außerdem wird durch die Beimischung von Biokohle die Methanproduktion bei der Kompostierung um ca. 50% reduziert. In der Pflanzenzucht führt eine Beimischung von 20% Biokohle zur Pflanzerde zu mehreren wichtigen Vorteilen wie weniger Wasserbedarf, fast vollständige Unterdrückung von Pilzbefall, schnellerem und stärkerem Wurzelwachstum, um nur einige der vielfältigen Anwendungen zu nennen.

Da der Klimawandel von uns allen neue Denkansätze und alternative Handlungsoptionen verlangt, konnten die Teilnehmer der Exkursion an einem konkreten Beispiel erleben, wie der Wandel weg von einer überwiegend fossilbasierten Wirtschaftsweise möglich ist und eine höhere Ressourceneffizienz durch Schließung von Stoffkreisläufen funktionieren kann. Dass die Veredelung von regionalen Rohstoffen nicht nur in großen industriellen Anlagen, sondern insbesondere in kleinen und mittleren Anlagen mit der Wertschöpfung vor Ort zielführend ist, war eine der wichtigsten Erkenntnisse, die wir an diesem extrem heißen Samstag mit nach Hause genommen haben.


Reinhard Kleinhenz 21.07.2023

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