Blog from June, 2019

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

meine Briefe an die Minister Peter Altmaier und Hubert Aiwanger "Regionalstrom von Fesseln befreien" sind beantwortet worden, erwartungsgemäß ganz unterschiedlich:

  • Für Herrn Minister Altmaier hat Staatssekretär Thomas Bareiß (über MdB Stephan Stracke) geantwortet:
    Er hat den Vorschlag "keine Förderung, keine Abgaben" als 'Überförderung' zurückgewiesen, weil sich die Abgabenersparnis auf > 10 ct/kWh belaufen würde. Das BMWi und die Bundesnetzagentur (BNetzA) sind generell skeptisch was die Regionalenergie betrifft. Dies hat sich auch bei einem Vortrag von Peter Stratmann (BNetzA) bei den Berliner Energietagen 2019 gezeigt. Diese 'zentralistische Denkschule' ist immer skeptisch was Eigen- und Quartiersversorgung betrifft. Es ist m.E. aber klar, dass der generelle Widerstand aus BMWi und BNetzA nicht lange Bestand haben kann, nachdem die EU-Richtlinie vom 11.12.2018 zur Förderung erneuerbarer Energie bis Mitte 2021 auch in Deutschland umgesetzt sein muss. Sie sieht lokale Eigenversorgung und Energiegemeinschaften (Art. 21 & 22) vor.

  • Ganz anders die Antwort von Staatsminister Aiwanger:
    Er verweist auf die Koalitionsvereinbarung in Bayern, die eine dezentrale Energiewende in Bayern vorantreiben will. "Erhebliches Potenzial sehe ich . . . in einer Reform der Eigenversorgung, welche in neuen Konstellationen attraktive Betriebsmodelle ermöglichen könnte. Für eine entsprechende Änderung des EEG werde ich mich mit einer Bundesratsinitiative stark machen." Ich wünsche Ihnen Herr Aiwanger dafür viel Glück und Stehvermögen!

Spanien hat übrigens die EU-Richtlinie bereits umgesetzt, mit bemerkenswerten Lösungen auch im Hinblick auf den Bürokratieabbau. Eine gute Beschreibung findet sich unter diesem Link.

Mit freundlichem Gruß
U. Schaaf

PS: Die bisher beste Beschreibung, was für eine dezentrale Energiewende wichtig ist, habe ich von Rainer Kleedörfer (N-Ergie) erhalten:
Wenn man eine stark ausgeprägte dezentrale Energiewende möchte (diese ist zwingend, da die hierzu erforderlichen sektorübergreifenden Ansätze nur im regionalen Kontext realisierbar sein werden), ist zwingende Voraussetzung, dass:

  • Anlagen (PV, Wind, Biomasse, Speicher, Wärmepumpen, BHKW etc.) auch dezentral/flächig verbaut sind.

  • Es einen ökonomischen Anreiz für Verbraucher gibt, Energie (Strom, Wärme), die regional erzeugt wird, auch regional zu verbrauchen; dieser Anreiz muss gesetzlich verankert sein.

  • Flexibilitätsmärkte entstehen (auch mit regionaler Komponente)”


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eENERGY

Liebe Energie & Umwelt-Interessenten,

anfangs war ich eher gefühlsmäßig für die "Energiewende von unten". Sie war mir sympatisch, weil sie die Leute vor Ort ansprach. Heute nach guten 5 Jahren intensiver Beschäftigung mit dem Thema ist Regionalenergie für mich eine unbedingte Notwendigkeit! Sehr vieles muss vor Ort gelöst werden,

aus physikalischen Gründen:

  • Wärmeverteilung ausschließlich im örtlichen Kontext möglich

  • Sektorkoppelung nur auf lokaler Ebene sinnvoll

  • 90% der EE-Einspeisung erfolgt im örtlichen Niederspannungsnetz geringere Netzverluste

aus wirtschaftlichen Gründen:

  • geringere Kosten der Energieverteilung

  • Massenfertigung macht EE- & KWK-Anlagen billiger und zuverlässiger

  • lokale Wertschöpfung sichert Arbeitsplätze

  • geringere Bürokratiekosten

aus Akzeptanzgründen:

  • regionales Energiesystem durchschaubar und verständlich

  • Großprojekte verursachen Widerstand

  • Bürgerbeteiligung sichert lokales Interesse

  • Energiewende und Klimaschutz bei vielen Akteuren verankert

Folien mit einer ausführlicheren Begründung können Sie hier herunterladen.

Im Energiearbeitskreis des Bürgerforums Seeg haben wir die 'Energiewende von unten' thematisiert bei einer Veranstaltung mit Energiefachleuten und prominenten Politikern:

Regionalenergie - nachhaltig, erneuerbar, dezentral

Politiker und Energiefachleute in Seeg, von links: Ulrich Wagner, Bürgerforum Seeg; Oliver Ottow, Erdgas Allgäu Ost; MdB Dr. Karl-Heinz Brunner (SPD), Hubert Endhardt, Kreisrat (Grüne); Bürgermeister Markus Berktold; Norbert Trunzer, Smart Energy; MdB Stephan Stracke (CSU); Ulrich Gut, Bürgerforum; Helmut Petermann, Elektrizitätswerke Reutte; Ulrich Schaaf, Bürgerforum; Thomas Pollakowski, Bürgerenergie Bayern; MdB Dr. Georg Nüßlein (CSU)

Weitere Dokumentation:

Soll sich eine kleine Gemeinde wirklich in 'die große Politik einmischen'? JA, wenn sie Teil einer allgemeinen Bewegung ist! Der Ruf nach einer "Energiewende von unten" wird immer lauter:

  • Eine EU-Richtlinie (RED II) fordert Verbesserungen für Energiegemeinschaften und Eigenverbrauch:
    Sie muss in DE umgesetzt werden. Spanien hat dies offenbar schon getan. Die spanischen Gesetze ermöglichen Eigenverbrauch in Gemeinden und Industriegebieten.

  • Die Bundesregierung hat vor ca. 2 Jahren das Förderprojekt sinteg / c-sells gestartet.
    Dort werden Techniken und Geschäftsmodelle für den sog. zellulären Ansatz entwickelt. Hier gibt es Folien (englisch)

  • Das Landwirtschaftsministerium des Bundes hat das Projekt Energiewende Unterallgäu gefördert.
    Ich war auf der Zukunftskonferenz Regionale Energiewende am 06.02.19 in Günz bei Memmingen, wo die Projektergebnisse vorgestellt wurden.

  • Das Bündnis Bürgerenergie hat ein Impulspapier zum Bürgerstromhandel von der Beratungsgesellschaft Energy Brainpool erstellen lassen.
    Die Vorschläge in diesem Papier sind weitgehend identisch, mit dem was das Bürgerforum Seeg vorschlägt. (Siehe Briefe an Staatsminster Hubert Aiwanger und Wirtschaftsminister Peter Altmaier)

  • Die Verbraucherzentrale NRW hat ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben.
    Es fordert bessere Bedingungen für Mieterstrom und gemeinschaftliche Eigenversorgung. Eine Zusammenfassung stellt fest, dass die Bürokratie den Mieterstrom ausbremst.

  • Bei den Berliner Energietagen wird das Thema Mieterstrom ab 20.05. ebenfalls eine große Rolle spielen.
    Ich werde dabei sein und mit den Veranstaltern und anderen Kontaktpersonen sprechen.

Die Rahmenbedingungen für Regionalenergie müssen verbessert werden! Wir werden hartnäckig dran bleiben und Änderungen anmahnen, mit vielen Anderen:

  • Herrn Staatsminister Hubert Aiwanger hatte ich beim Ministerdialog des c/sells-Projekts am 01.04.19 angesprochen, ob er sich vorstellen könne, Regionalstrom aus dem 'EEG-Regime' zu entlassen und von Abgaben zu befreien, wenn auch keine Förderung in Anspruch genommen wird. Seine aufgeschlossene Reaktion hat uns zu diesem Brief veranlasst: Download.

  • Herrn MdB Stephan Stracke habe ich am 15.04. in seinem Wahlkreisbüro aufgesucht und diesen Vorschlag eingebracht. Er wird sich mit Herrn Minister Peter Altmaier in Verbindung setzen und die Anregungen von unten einbringen.

Auch mit den anderen beiden Bundestagsabgeordneten werde ich Termine vereinbaren, damit die Informationen von unten nach oben wandern können!

Es ist Zeit zum Handeln! Bitte unterstützen Sie die Initiative für eine Energiewende von unten, damit sie von den Fesseln befreit wird.

Mit freundlichem Gruß

U. Schaaf