Am 11. November hatte die Sparkasse Allgäu zu dieser Veranstaltung für Landwirte eingeladen: “Transformation in die Nachhaltigkeit”
Als Nicht-Landwirte hatten wir uns im Bürgerforum Seeg mit Carbon Farming im Zusammenhang mit Klimaschutz beschäftigt. Speziell war die Pflanzenkohle interessant, weil sie durch Humusbildung CO2 aus der Luft entfernt und die Bodenfruchtbarkeit verbessert. Die Sparkasse Allgäu hatte dann angefragt, ob wir zur Veranstaltung etwas beitragen könnten. Zur Verstärkung von Landwirtschaftsseite haben wir uns dann von Sepp Braun, Biolandhof unterstützen lassen. Er ist praktizierender Bio-Landwirt, der beispielhaft nachhaltige Landwirtschaft betreibt.
So sah die Einladung der Sparkasse aus:
Die Veranstaltung machte deutlich, dass die Banken gehalten sind, Kriterien der Nachhaltigkeit bei der Kreditvergabe zu berücksichtigen. Entsprechende Regulierungen von den Zentralbanken sind in Vorbereitung, etwa neue Regeln zum Tierwohl oder die Reduzierung von Treibhausgasen beim Ausbringen von Gülle.
Vortrag von Gerald Hein, DKB
Die deutsche Kreditbank, eine Tochter der BayernLB finanziert Nachhaltigkeitsprojekte und engagiert sich damit auch für eine nachhaltige Landwirtschaft.
Gerald Hein hatte seinen Vortrag im Allgäu speziell auch auf die Milchwirtschaft abgestellt. Dabei gab er interessante Einblicke in den Milchmarkt und die Struktur von Grünlandbetrieben. Generell sind die Gewinnmargen gering. Langfristig können nur Betriebe überleben, deren Verschuldung sich in Grenzen hält. Der Strukturwandel in der Milchviehhaltung ist im Gange. Gerade Betriebe, die in ihren Kostenstrukturen oder Produktionsleistungen nicht zu den Top-Betrieben gehören, steigen aus der Milchproduktion aus. Auch eine fehlende geeignete Nachfolge ist häufig ein Grund für den Ausstieg. Und wie bei vielen Entwicklungen bieten die Änderungen Chancen und Risiken zugleich.
Herr Hein hatte viele Darstellungen zur Situation von Milcherzeugern in seinem Vortrag. Besonders beeindruckte mich als Nicht-Fachmann die Abhängigkeit der Milchbauern vom Weltmarkt: Die Milchpreise stiegen vor etwa 10 Jahren dramatisch, weil die Bauern in Neuseeland eine schlechte Ernte hatten.
Beitrag Ulrich Schaaf
Dieser beschäftigte sich mit Pflanzenkohle, einem sehr alten Verfahren (terra preta), das den Boden fruchtbarer macht. Was vor hunderten von Jahren bei den Inkas in Südamerika für gute Ernten sorgte, bietet vielleicht auch heute in der aktuellen Energiekrise wieder Chancen: Statt das Klima beim Düngen mit Ammoniak zu belasten, rührt man Pflanzenkohle in die Gülle, die dann weniger stinkt und die Nährstoffe wie den Ammoniak speichert und langsam an die Pflanzen abgibt.
Die Landwirtschaft kann so durch Humusaufbau CO2 aus der Luft entfernen. Brüssel bereitet Regelungen vor, die Bauern für diese Ökodienstleistung zu bezahlen. Und auch im Bereich Tourismus gibt es Überlegungen, den Bauern CO2-Zertifikate dafür abzukaufen.
Ein weiteres Beispiel für diesen Klimaverbund Tourismus - Landwirtschaft wäre ein Stromtausch: PV-Strom, der auf landwirtschaftlichen Dächern entsteht und kaum noch Einspeisevergütung bringt, wird von Hotels gekauft, die so mit regionalem Ökostrom ihre Klimabilanz aufbessern können.
Vortrag von Sepp Braun
Der Landwirt aus Freising erläuterte, wie durch eine Extensivierung der Wirtschaftsweise gute Erträge und nachhaltige Bodenbewirtschaftung in Einklang gebracht werden können. Dabei spielt die Biodiversität eine sehr große Rolle. Mit Feldhecken und Baumpflanzungen wird nicht nur CO2 der Luft entzogen. Die Pflanzen kühlen die Luft und speichern Wasser für Trockenperioden.
Nachhaltige Landwirtschaft braucht kaum Mineraldünger, dessen Preis sich durch die Energiekrise vervielfacht hat. Wenn die Tiere wieder auf die Weide kommen, wird der Methan- und der Ammoniakausstoß reduziert.
Das Grünland muß wieder bunt gemacht werden und die Felder mit Hecken vernetzt werden. Dann trägt die Landwirtschaft wieder zur Ernährungssicherheit und zum langfristigen Erhalt der Bodenfruchtbarkeit bei.
Insgesamt war das Feedback der Teilnehmer recht positiv, aber auch kritisch zur Praktikabilität einer ‘Taxonomie’ für Nachhaltigkeit, die von zentralen Stellen kommt. Es wurde darüber diskutiert, wie man gemeinsam ‘von unten’ Kriterien für eine nachhaltige Wirtschaftsweise entwickeln kann.
Es stellt sich die Frage, welche Rolle die Beteiligten, Landwirtschaft und Sparkasse, einnehmen wollen, eine eher abwartende was die Taxonomie-Regelungen der oberen Behörden bringen werden. Oder ob sie eine vorausschauende Haltung einnimmt, die auf lokaler Ebene - hier im Allgäuer Grünland - die Kriterien für ökologisches Wirtschaften definiert.
gez. Uli Schaaf
Nach der Besichtigung des Nahwärmenetzes in Seeg (Link)konnten Teilnehmer ihre Kenntnisse zu Nahwärmenetzen in Randegg bei Konstanz vertiefen. Siehe Bericht.
Ähnlich wie in Seeg hatte man in Randegg zunächst ein Nahwärmenetz eingerichtet, das mit Holz (hier Hackschnitzel) beheizt wurde. Später fiel die Entscheidung, dass man den Holzkessel im Sommer abschalten will und die Heizenergie über ein Kollektorfeld mit Solarwärme bezieht.
Bene Müller vom Betreiber und Erbauer des Netzes (solarcomplex AG) konnte so die großen Vorteile eines Wärmenetzes betonen: Man hat in Randegg die 150 angeschlossenen Häuser zusammen umgestellt auf zusätzliche Nutzung von Sonnenenergie. Sonst hätten 150 Hausbesitzer jeder einzeln umstellen müssen, um die Preisvorteile von Sonnenenergie zu nutzen.
gez. U. Schaaf
Bericht in der Allgäuer Zeitung
22.11.22, 17:22
Bene Müller von Solarkomplex (links) erklärt den Exkursionsteilnehmern die Anlage in Randegg. Hier steht er vor dem Hackschnitzelkessel.
Lokal
Dienstag, 22.11.2022
Bene Müller von Solarkomplex (links) erklärt den Exkursionsteilnehmern die Anlage in Randegg. Hier steht er vor dem Hackschnitzelkessel.
Foto: Bürgerforum Seeg
Regenerative Wärmeversorgung kann kostengünstig sein
Energiearbeitskreis Seeg besucht das Bioenergiedorf Randegg und erfährt einiges über die Möglichkeiten eines mit erneuerbaren Energiequellen betriebenen Nahwärmenetzes. Ökologisch wertvolle Blühwiesen sind ein Nebenprodukt.
Seeg/Randegg
Eine regenerative Wärmeversorgung ist möglich und kostengünstig. Das hat sich laut Ulrich Schaaf vom Arbeitskreis Energie des Bürgerforums Seeg für die Teilnehmer einer Exkursion gezeigt. Auf Einladung des Bürgerforums, der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB) Seeg und der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB) war eine Gruppe von knapp 20 Personen Richtung Konstanz gefahren, um sich dort das Bioenergiedorf Randegg anzusehen. Das Engagement von KAB und KEB sei bemerkenswert, weil sich damit kirchliche Organisationen auf der untersten Ebene für Problemlösungen beim Klimawandel einsetzen.
In Randegg traf die Besuchergruppe auf Bene Müller, der 2000 die Solarkomplex AG gegründet hat und mit seinem Unternehmen mittlerweile in mehreren Kommunen Nahwärmenetze auf regenerativer Energiebasis betreibt. Er bietet laut Reinhard Kleinhenz vom Energiearbeitskreis Roßhaupten Komplettlösungen an – also alles von der Planung über die Umsetzung bis zur Finanzierung. Das ist für Schaaf insofern auch wichtig, als dass „alle 150 Häuser, die in Randegg angeschlossen sind, zusammen auf Solarunterstützung umgestellt wurden. Nicht auszumalen, wie lange das dauern würde, wenn’s jedes Haus einzeln machen müsste“, sagt er.
Bürger und Wärmekunden können sich direkt an den Projekten der Solarkomplex AG beteiligen und schätzen diese bürgernahe Betreiberform laut Schaaf. Bereits 18 Anlagen konnten bis heute realisiert und mehr als 1500 Wärmekunden bedient werden. Weitere Anlagen sind im Bau. Mit der in Randegg werden mit einer 2400 Quadratmeter großen thermischen Solaranlage und einer auf Hackschnitzel basierende Zusatzheizung um die 150 Häuser oder 1000 Einwohner mit Wärme versorgt. Müller berichtete außerdem über eine erfreuliche Nebenwirkung auf den Flächen unter dem Kollektorfeld, wo sich ökologisch wertvolle Blühwiesen entwickelt hätten. Weiter ging es auf das Grundproblem bei erneuerbaren Energiequellen ein. So sei es kein Geheimnis, dass der Wärmebedarf deutschlandweit nicht annähernd durch Hackschnitzel gedeckt werden kann, weil aus Nachhaltigkeitsgründen nur der Zuwachs verwertet werden darf. Das Gleiche gelte für Solarthermie, wo der Flächenbedarf eine beachtliche Größe einnimmt und diese Flächen in vielen Gemeinden nicht verfügbar sind. Zudem sind die Genehmigungsverfahren mit zusätzlichem Verwaltungsaufwand verbunden. Eine weitere Energiequelle wäre da, werde bisher aber wenig genutzt: Biogasanlagen. Sie würden in großer Anzahl stromgeführt betrieben. Das heißt, mit dem Gas wird ein Blockheizkraftwerk betrieben und bei circa 60 Prozent der Anlagen wird die ebenfalls erzeugte Wärme einfach in die Luft geblasen. Diese Abwärme könnte als Energie genutzt werden. (eb)