Neue Entwicklungen zur Kernspaltung und Kernfusion
Dipl.-Phys. Andreas Kießling, Kernphysiker und Fachbuchautor für Energiethemen hat am 08. April 2024 im Haus Hopfensee gesprochen. Kießling hat Chancen und Risiken der Kernkraft beleuchtet und neue Entwicklungen dargestellt. Das Fortbildungszentrum Eggensberger hat diese Veranstaltung auf Wunsch der Bürger organisiert. (Sie können die Vortragsfolien hier herunterladen.)
Kernspaltung
Zunächst beschäftigte sich Kießling kritisch mit den bisherigen Anlagen, Druckwasser- oder Siedewasserreaktoren, die sich durchgesetzt haben, weil sie militärischen Interessen am meisten nutzen.
Diese Reaktoren haben ein grundsätzliches Risiko, weil die Wasserkühlung auch bei Abschaltung noch laufen muss. Bei den drei Unfällen in Harrisburg, Tschernobyl und Fukushima ist es zur Kernschmelze gekommen; das Kühlwasser wurde in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten, was zu verheerenden Explosionen führte.
Neuere Reaktoren der Generationen 3 und 4 wurden sicherheitstechnisch verbessert:
passive Kühlung ohne zusätzliche Stromversorgung
Wasserstoff-Rekombinierer (Reduktion Explosionsgefahr)
Core-Catcher, die im Falle einer Kernschmelze auslaufendes Material sammeln,
Transmutation der Abfallstoffe ausgebrannter Brennstäbe (kürzere Strahlungszeiten)
Kleinere Reaktoren (SmallModularReactors) sind in Entwicklung. Sie sollen ein kleineres Risiko darstellen und standardisiert gefertigt werden (kleinere Kosten).
Kernfusion
Die Kernfusion wird seit Jahrzehnten erforscht, hat aber noch keine arbeitsfähigen Reaktoren hervorgebracht. Diese Form der Kernkraft mit schwerem Wasser als Rohstoff verspricht eine noch höhere Energieausbeute als bei der Kernspaltung. Vor allem aber entstehen keine hoch radioaktiven Abfälle und es gibt keine Risiken einer Kernschmelze.
Technisch werden 2 Konzepte verfolgt:
Der Einschluss eines Plasmas in Magneten und dessen Aufheizung auf 150 Mio Grad.
Der Beschuss eines Kügelchen schweren Wassers mit Hochleistungs-Lasern.
Man wird aber noch 20 – 30 Jahre auf die eine oder andere Technik warten müssen.
Diskussion
Viele Besucher wollten von Kießling wissen, wie er die Entwicklung der Kernkraft in Deutschland, Europa und weltweit beurteilt. Deutschland wird nach dem Atomausstieg sicher keine klassischen Kernkraftwerke bauen. Diese Entwicklung läuft in Frankreich und anderen Staaten.
Insgesamt sind weltweit 58 Reaktoren im Bau, 69 in der Planung. Deutschland wird Atomstrom aus dem Ausland beziehen, was derzeit allerdings nur ein kleiner Importanteil ist.
Teilnehmer fragten, ob wir im Winter genügend Grundlast-Strom haben werden.
Andreas Kießling verglich den deutschen und den französischen Weg der Energiewende und meinte, dass wir in Deutschland zunehmend Atomstrom importieren, um die Nutzung des teuren Frackinggases mit großer CO2-Belastung zu begrenzen.
Einige Teilnehmer waren damit nicht einverstanden und meinten, dass wir die Grundlast im Winter auch mit erneuerbaren Energien, z.B. mit Wasserstoff abdecken können.
Fortbildungszentrum Eggensberger
gez. U. Schaaf
April 2024