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Wahnwitz Stromhandel

Wenn ich auf die Preisplattformen schaue, wo ich meinen Strom billiger kaufen kann, bekomme ich viele verlockende Angebote, die meine Stromkosten senken können. Ich kann Strom aus ganz Deutschland beziehen, egal wo der Strom erzeugt wird. Meine Postleitzahl im Allgäu kriegt Strom von einem Händler in Hamburg (siehe FUXX im Bild unten).

Der Stromhändler wiederum kauft z.B. Windstrom in Schleswig-Holstein. Mit dem Händler kommt ein Vertrag zustande, der mir Geld spart gegenüber dem Angebot meines regionalen Stromanbieters.

Bloß: Von dem Strom krieg ich tatsächlich kein Elektron geliefert, weil der Strom auf dem Transport schon längst irgendwo verbraucht wurde. Jetzt kommen die Marktwirtschaftler und erklären mir das so: Man muss sich vorstellen, es gäbe einen großen 'Stromsee', in den der Windstrom fließt; das macht den 'See' sauberer, insofern habe ich bei meinem Einkauf gespart und was für den Klimaschutz getan.

Dieses Konstrukt entspringt den Hirnen der Marktwirtschaftler, für die freier Markt über alles gilt. Physik ist dabei unwichtig.

Leider fließt der Windstrom nicht in einen See, der ja ein gewisser Puffer wäre; 10% plus-minus machen einem See gar nichts! Der Strom fließt über das Stromnetz und dieses kann (fast) gar nicht puffern. (Im Gegensatz zum Gasnetz, das sehr viel puffern kann.) Strom muss im Netz sofort weitergeleitet werden zu einem Verbraucher, der den Strom in dem Moment braucht, in dem er erzeugt wurde. Sonst gibt es einen Blackout. Mein Stromkauf in Schleswig-Holstein ist reine Fiktion!

Und für diese Fiktion haben die Marktwirtschaftler ein Oligopol aufgebaut, die Übertragungsnetzbetreiber mit der Bundesnetzagentur als engstens verbundene Kontrollinstanz, damit diese die großen Netztrassen bauen und betreiben. 15 Milliarden Euro sollen die Neubautrassen kosten. Diese Gelder dürfen die Mitglieder des Oligopols mit über 9% verzinsen! Tennet als der größte aus der 'Viererbande' hat jetzt die Durchleitungspreise um satte 80% externer Link  erhöht, zu zahlen vom Verbraucher über einen Aufschlag auf den Strompreis.

Ich verstehe nicht:

  • Warum investiert man die 15 Milliarden nicht in eine Speichertechnik (z.B. PowerToGas externer Link), damit der überschüssige Windstrom gespeichert werden kann?
  • Warum regionalisiert man den Stromhandel nicht? Innerhalb eines Verteilnetzes oder auch in benachbarten Netzen macht der Stromhandel durchaus Sinn! Siehe Newsletter Bündnis Bürgerenergie externer Link
  • Warum müssen der Strommarkt weiter zentralisiert und marktfeindliche Strukturen gestärkt werden?  externer Link 

Wahnwitzig, was da unter der Überschrift Wettbewerb läuft!

 gez. U. Schaaf

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