Blog Energie&Umwelt

Newsletter Landwirtschaft - Pflanzenkohle

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

weniger CO2 erzeugen, aber auch CO2 der Luft entziehen und im Boden speichern! Im letzten Jahres-Newsletter 8 hatte ich ja diese Ergänzung für Landwirtschaft und Biodiversität angekündigt.

Wir brauchen sehr viel Geduld! Unsere Böden zu verbessern, dafür brauchen wir Zeit, damit die Herstellung von Lebensmitteln gesichert und die Bodenfruchtbarkeit erhalten bleibt.

Ernährung

Änderungen im Verbraucher-Verhalten und bei der Entlohnung unserer Landwirte sind notwendig und brauchen ebenso viel Geduld und Überzeugungskraft. Weniger ist mehr! Auch bei der Ernährung. Man muss aber nicht immer Verzicht predigen. Klar: Weniger Fleischkonsum ist angesagt; wir müssen aber nicht alle Vegetarier oder Veganer werden.

Ein sehr interessantes Interview dazu hat Prof. Wilhelm Windisch, Lehrstuhl für Tierernährung an der TU München am 07. Nov. der Allgäuer Zeitung gegeben. (Den Artikel können Sie hier aufrufen.) Seine Kernaussage ist frappierend einfach: Wir sollten nur Fleisch von Tieren essen, die nicht mit veganen Lebensmittel gefüttert wurden. Wenn unsere Kühe nur Gras und Heu fressen, können wir durchaus Käse und Wurst mit gutem Gewissen essen. Gemüse, Soja, Getreide, Mais etc. sollen nur für Menschen da sein. Unsere Bauern sollten dann kleinteilig wirtschaften, mit weniger Tieren pro Hektar Land. Den Mehraufwand für Fleisch- und Milchproduktion müssen natürlich  die Verbraucher bezahlen.

Pflanzenkohle / Humusbildung

Unsere Böden wurden in den letzten Jahrzehnten übernutzt, ausgelaugt. Anfangs dachte ich, dass da wieder übertriebener Alarm geschlagen wird. Leider haben die Mahner aber recht! Mit der Einfuhr von Mineraldünger und Futtermitteln, insb. Soja aus dem Ausland konnten unsere Bauern die Produktion steigern, mehr Tiere pro Hektar Grünland bei uns im Allgäu, und mehr Ackerfläche für die Produktion von Futtermitteln und Energiepflanzen im Unterland.

Gülledüngung im Allgäu

Dem Boden werden Nährstoffe entzogen; Ernteerträge können nur durch reichliche Ausbringung von Gülle und Mineraldünger, insb. Stickstoff erhalten werden. Dieses Düngen schadet dem Klima (Ammoniak, Lachgas etc.), gefährdet das Grundwasser (Nitrat) und fördert das Artensterben (Biodiversität). Unsere Landwirtschaft steckt in einem Teufelskreis: Der Markt verlangt billige Nahrungsmittel, vor allem auch Fleisch und Milchprodukte. Und die Landwirte kommen vielfach nicht nach: Das Höfesterben geht unvermindert weiter und die kleinteilige ökologische Landwirtschaft, die wir für Umwelt und Ernährung brauchen, hat's immer schwerer.

Der Krieg in der Ukraine hat es schonungslos offen gelegt: Deutschland und die Welt sind extrem abhängig von russischem Gas und Öl, von Mineraldünger aus Belarus und von Weizen und Mais aus der Ukraine. Bei Energieversorgung und Nahrungsmittel-Sicherheit müssen wir wieder mehr auf heimische Produktion setzen.

Im Bürgerforum Seeg und im Klimabeirat des Füssener Stadtrats sind wir auf das Thema Pflanzenkohle gestoßen, eine uralte Methode, die schon von den Inkas zur Steigerung der Bodenfruchtbarkeit genutzt wurde: Terra Preta. Pflanzenkohle bindet CO2 und steigert die Bodenfruchtbarkeit. Das Thema verbindet Klima- und Naturschutz: Pflanzenkohle und Humusbildung entziehen der Luft CO2 und stärken die Bodenfruchtbarkeit.

Seither hat es einige Veranstaltungen und einschlägige Veröffentlichungen gegeben:

  • Exkursion zum Bergbauernhof Besler in Oberstdorf

    Die Beslers erzeugen Käse und setzen seit 6 Jahren Pflanzenkohle ein. Die zum Teil steilen Wiesen haben in dieser Zeit einige Zentimeter Humus aufgebaut, geben gute Erträge und behalten auch in Trockenjahren mehr Feuchtigkeit als Nachbarfelder. Ein schönes Beispiel von praktischer Erprobung.

  • Sparkasse Allgäu: Transformation in die Nachhaltigkeit

    Veranstaltung am 11. November 2022 für Landwirte. Hintergrund: Die Zentralbanken verlangen Nachhaltigkeits-Kriterien bei der Kreditvergabe. Im Nachgang zu dieser Veranstaltung wurde erörtert, ob man - statt auf Vorgaben von oben zu warten - eigene Kriterien für die Grünlandwirtschaft im Allgäu entwickelt. Herausforderung für die Banken und Bauern: Wie kann eine extensive und ökologische Bewirtschaftung von kleinbäuerlichen Betrieben auch finanziell lohnend gestaltet werden?

  • Forschungsprojekt TerraBayT: Nutzungspotenziale von Pflanzenkohle und Terra Preta

    Am Lehrstuhl für Ökologischen Landbau und Pflanzenbausysteme von Prof Hülsbergen läuft seit 2022 ein Projekt, bei dem der Nutzen von Pflanzenkohle wissenschaftlich untersucht wird, auf Versuchsfeldern über mehrere Jahre. Es wird wissenschaftlich untersucht, ob die vermuteten Ertragssteigerungen und die Klimawirkungen beim Pflanzenkohle-Einsatz tatsächlich stattfinden. Siehe Carbon Farming.

    Abb: Einladung zur Veranstaltung

    In Straubing bei C.A.R.M.E.N gab es am 19.01.23 einen Zwischenbericht nach knapp 2 Jahren. Auch hier ist Geduld gefragt: In den zwei Jahren, die das Projekt läuft, kann man auf den Versuchsflächen noch nicht viel feststellen: Die Erträge gehen mit Pflanzenkohle zunächst leicht zurück, was aber später überkompensiert wird.

  • Langfrist-Betrachtungen werden von allen Seiten gefordert

    Prof. Hülsbergen hat in Straubing sehr für langfristig laufende Freilandversuche geworben. Andere Autoren fordern dies auch - und zwar nicht nur zum Einwerben von Forschungsmitteln. Was im Bergbauernhof Besler (siehe oben) als Praxiserfahrung gesammelt wurde braucht auch die exakte wissenschaftliche Bestätigung. Von verschiedenen Seiten wird nämlich die Sinnhaftigkeit von CO2-Zertifikaten angezweifelt. (Siehe Presse-Mitteilung ZALF.e.V.1)

    Parallel arbeiten einige Institutionen an einem erweiterten Konzept, bei dem nicht nur die CO2-Ersparnis, sondern die Gesamtheit der Umweltdienstleistungen eines Landwirtschaftsbetriebs in Messziffern berücksichtigt wird, z.B.

    > Regionalwert AG Freiburg

    > Die Bioland Stiftung - BodenKlima
    > Vorschlag einer Umlagefinanzierung für Ökosystemleistungen (Ökoinstitut, FiBL, Anbauverband Bioland)

  • Verfügbarkeit von Biomasse

    Ein zentrales Thema wird die Verfügbarkeit von Biomasse sein. Was wir in Deutschland und im näheren Ausland etwa an Hackschnitzel oder Pellets zur Verfügung haben, wird sehr bald an Grenzen stoßen. Stichworte: Flächenkonkurrenz mit Nahrungsmitteln, Holzheizungen, Herstellung von Kunststoffen, Totholz im Wald, Energiepflanzen, etc. Die Bundesregierung arbeitet an einer Biomasse-Strategie, um einen Überblick über Verfügbarkeit und Nutzung von Biomasse zu bekommen. Dabei wird es auf eine Mehrfachnutzung von Holz hinauslaufen, genannt auch Kaskaden-Nutzung. Dies dürfte ein wesentlicher Aspekt bei der Planung Energiesystemen werden, dass z.B. statt einer Hackschnitzel-Heizung eine Pyrolyse-Anlage vorgeschaltet wird, die das Holzgas für die Energiegewinnung nutzt und die Pflanzenkohle anschließend für die Ausbringung auf Feldern zur Verfügung stellt.

gez. Uli Schaaf

Februar 2023

 

1) Ich habe mir die englische Fassung der prominent besetzten Studie angesehen. Es wird angezweifelt, dass die Humusbildung dauerhaft ist; allerdings ist das nicht nachgewiesen; siehe Geduld! Für mich ist es sicher bis auf weiteres sinnvoll, CO2-Zertifikate zu erwerben; Änderungen kann man vornehmen, wenn konkrete Forschungsergebnisse dagegen sprechen.

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